SDG 5

Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen.

 

§ Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen

 

Mit Inkrafttreten der Istanbul-Konvention im Februar 2018 hat sich Deutschland verpflichtet auf allen staatlichen Ebenen, alles dafür zu tun, um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, Betroffenen Schutz und Unterstützung zu bieten und Gewalt zu verhindern. Um dieser Verpflichtung nachzukommen muss ein bundesrechtlich geregelter Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe gesetzlich festgelegt werden. Dieser gibt gewaltbetroffenen Frauen eine Rechtsgrundlage, auf der sie Schutz, Beratung und Unterstützung bei Gewalt geltend machen und notfalls auch einklagen können. Er konkretisiert die im Grundgesetz verankerte allgemeine Pflicht des Staates zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit. Mit dem Rechtsanspruch kommt der Staat seiner Verantwortung für den Schutz von Frauen und für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen nach. Zudem erkennt dieser Rechtsanspruch für gewaltbetroffene Menschen die Unrechtmäßigkeit der Gewalt an. Geschlechtsspezifische Gewalt wird als gesamtgesellschaftliches und nicht als privates Problem anerkannt. Träger der Frauenhäuser und Fachberatungsstellen gewinnen durch den Rechtsanspruch mehr Finanzierungs- und Planungssicherheit. Sie sind nicht mehr abhängig von freiwilligen staatlichen Leistungen oder Haushaltslagen in den Kommunen und Ländern. Scheitern Vergütungsvereinbarungen, können sie Schiedsstellen anrufen. Der Vorbehalt der Bundesregierung gegen Artikel 59 der Istanbul-Konvention, welcher geflüchteten oder migrierten von Gewalt betroffenen Frauen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht gewährt, muss zurückgenommen werden, sodass alle Frauen in Deutschland vor Gewalt geschützt werden. Ein weiterer wichtiger Schritt im Kampf gegen Gewalt an Frauen ist die schnelle Ratifizierung der ILO K-190 Konvention, welche die Beendigung sexueller Gewalt am Arbeitsplatz adressiert. Die Konvention legt zum ersten Mal eine weltweit gültige Definition von sexueller Belästigung und Gewalt fest und bezieht sich dabei nicht allein auf den Arbeitsplatz, sondern auf die Arbeitswelt generell. Deutschland sollte die Konvention unterzeichnen und damit ein Zeichen im Kampf gegen Gewalt an Frauen setzen. In Spanien existiert bereits ein spezifischer Straftatbestand von Gewalt gegen Frauen, der einen besondere Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe für gewaltbetroffenen Frauen gibt und Schutz für Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt bietet. Dies ist auch in Deutschland notwendig.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://www.frauenhauskoordinierung.de/arbeitsfelder/rechtsanspruch-auf-schutz/

In Deutschland steht das sogenannte „Catcalling“, also die (non)verbale sexuelle Belästigung in der Öffentlichkeit, als solches nicht unter Strafe. Nur wenn in dem Zusammenhang beleidigende Worte fallen, dann kann die Belästigung als Beleidigung bestraft werden. Ein Verbot von „Catcalling“ sollte deshalb gesetzlich verankert werden. Möglich wäre dies durch die Änderung des Paragrafen 184i des Strafgesetzbuches, der den Straftatbestand der körperlichen sexuellen Belästigung regelt. Hier sollte verbale sexuelle Belästigung hinzugefügt werden. Gleichzeitig sollten umfassendere Regeln für jegliche Formen „aufgedrängter Sexualität“, die in die eigene sexuelle Selbstbestimmung eingreifen, eingeführt werden. Obwohl die Nachweisbarkeit schwierig sein kann, kann mit der Verabschiedung eines solchen Gesetzes Aufmerksamkeit für das Problem geschaffen werden und verdeutlicht werden, dass ein solches Verhalten von Staats wegen unerwünscht beziehungsweise verboten ist. In verschiedenen europäischen Ländern (Frankreich, Portugal, Niederlande, Belgien) ist die verbale sexuelle Belästigung bereits seit Jahren strafbar und kann mit Geldstrafen bis zu 750 Euro sanktioniert werden. In Finnland ist ebenfalls ein entsprechendes Gesetz geplant.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://www.openpetition.de/petition/online/es-ist-2020-catcalling-sollte-strafbar-sein

 
 

§ Einführung eines Straftatbestandes der verbalen sexuellen Belästigung

 

§ Streichung der Paragraphen 218/219 aus dem Strafgesetzbuch

 

Schwangerschaftsabbrüche sind Teil der medizinischen Grundversorgung und müssen außerhalb des Strafgesetzbuches geregelt werden. Durch die bestehende Kriminalisierung mit Beratungspflicht und Wartezeit werden ungewollt Schwangere bevormundet und ihnen wird das Recht auf die körperliche und sexuelle Selbstbestimmung genommen. In der DDR waren Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Woche bereits ohne weitere Voraussetzungen möglich, mit dem sogenannten Kompromiss im Jahr 1995 wurde den Schwangeren ihr Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung genommen. Für Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen und darüber informieren wollen, herrscht trotz der Neuregelung des Paragrafen 219a immer noch keine Rechtssicherheit. Um ungewollt Schwangere und Ärzt*innen bestmöglich zu unterstützen und zu schützen, muss der Schwangerschaftsabbruch entkriminalisiert werden, die Paragrafen 218/219 müssen daher aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden. Es braucht zudem ein Recht auf kompetente, ausreichende und wohnortnahe medizinische Versorgung und eine gesetzliche Regelung nach der die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch so wie bei anderen standardisierten medizinischen Leistungen übernehmen.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://www.sexuelle-selbstbestimmung.de/15923/pressemitteilung-25-jahre-reformierter-paragraf-218-zeit-fuer-die-streichung-aus-dem-strafgesetzbuch/

 Das geht auch auf Bundesebene

Seit 2020 sind in Spanien Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, Frauen und Männer für gleiche Arbeit gleich zu vergüten. Sichergestellt wird das durch transparente, nach Geschlecht aufgeschlüsselte Gehaltstabellen und empfindliche Strafen von bis zu 187.000 Euro bei Verstößen. Um die Gleichwertigkeit von Arbeit messen zu können, werden neue Grundsätze vorgesehen. Auch in Neuseeland wurde 2018 einstimmig ein Equal Pay Gesetz beschlossen, das gleiche Bezahlung unabhängig des Geschlechtes sicherstellen soll. Beide Gesetze können als Vorbild für Deutschland dienen. Hier gibt es bisher lediglich das Entgelttransparenzgesetz aus dem Jahr 2017. Doch die Erhebung des Statistischen Bundesamts zeigt, dass der Gender Pay Gap 2019 immer noch bei 20 Prozent lag. Auskunft über das Entgelt von Kolleg*innen erhalten nach dem Entgelttransparenzgesetz nur Menschen, die in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten arbeiten. Dabei arbeiten zwei Drittel der erwerbstätigen Frauen in kleinen und mittleren Betrieben. Außerdem verbietet das Entgelttransparenzgesetz nicht die unterschiedlich hohe Bezahlung, sondern legt sie nur offen. Betriebe müssen somit mit keinerlei Sanktionen rechnen.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://www.fpi-lab.org/aktuell/fair-pay-neuseeland/

https://www.lw.com/thoughtLeadership/lw-new-spanish-employment-law-imposes-equal-opportunity-regs

https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/gender-pay-gap-spanien-erlaesst-neues-gesetz

https://www.bmfsfj.de/resource/blob/137224/79c7431772c314367059abc8a3242a55/bericht-der-br-foerderung-entgelttransparenz-data.pdf

 

 
 

§ Gesetz zur Lohngleichstellung zwischen Frauen und Männern in Spanien und Neuseeland

§ Verfassungsrecht-liche Verankerung von Gender Budgeting in Österreich

 
 

Zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung von Geschlechtern werden beim sogenannten Gender Budgeting konkrete Auswirkungen von Haushaltsprozessen geschlechterbezogen bewertet. Die unterschiedlichen Auswirkungen finanzpolitischer Maßnahmen auf Männer und Frauen sollen sichtbar gemacht werden, um mögliche Ansatzpunkte für Veränderungen zu erkennen. Österreich nahm Gender Budgeting 2009 in seiner Bundesverfassung auf (Art. 13, Abs.3; Art. 51, Abs.8) und verpflichtet sich seit 2013 dazu, geschlechtergerechte Haushaltsführung umzusetzen. Auch der Berliner Senat u.a. nahm entsprechende Ansätze in seine Grundsätze mit auf.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://www.imag-gmb.at/gender-budgeting/rechtsgrundlagen-zu-gb.html