SDG 14

Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen.

 

§ Reform des Seefischereigesetzes inklusive einer Ergänzung um ökologische und soziale Kriterien

 

Artikel 17 der EU-Verordnung 1380/2013 legt fest, dass die EU-Mitgliedstaaten bei der Zuteilung der zugewiesenen Fangmöglichkeiten transparente und objektive Kriterien anwenden sollten. Als solche werden in Artikel 17 der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) Kriterien ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Art genannt. In Deutschland spielen ökologische Kriterien jedoch keine Rolle bei der Fangquotenverteilung, obwohl die reformierte Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) der EU zum Ziel hat, die Fischerei in Europa nachhaltiger und naturverträglicher zu gestalten und die handwerkliche Fischerei zu fördern. Um die ökologischen Auswirkungen der Fischerei zu minimieren, müssen selektivere Fanggeräte und umweltschonende Methoden gefördert und unterstützt werden. Ein Anreiz könnte ein höherer Quotenanteil für die Fischereibetriebe bzw. Fischer*innen sein, die nachweislich umweltverträglich und regelkonform fischen. Dafür müssen die Umweltkriterien in § 3 Abs. 3 des Seefischereigesetzes Berücksichtigung finden. Um ungewollte Beifänge in der Fischerei zu minimieren und den Einsatz von selektiveren Fanggeräten zu fördern, wurde 2014 in der EU die Anlandeverpflichtung eingeführt. In Deutschland obliegt die Kontrolle der Einhaltung der Anlandeverpflichtung sowohl dem Bund als auch den Ländern, die Festlegung der genauen Aufgabenteilung ist im Seefischereigesetz (SeeFischG) verankert. 2018 wies der Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für Fischerei der EU (STECF) darauf hin, dass die Umsetzung der Anlandeverpflichtung in den EU-Mitgliedsstaaten erhebliche Defizite aufweise, so auch in Deutschland. Nach bisheriger Praxis werden Rückwürfe nicht vollständig dokumentiert, Kontrollen erfolgen nur sporadisch und keineswegs in einem Umfang, der für die Durchsetzung der Anlandeverpflichtung notwendig wäre. Der Grund hierfür ist unter anderem, dass im SeeFischG kein konkreter Umfang der nötigen Kontrollen festgelegt wird. Dies müsste durch eine Änderung des § 5 des SeeFischG erfolgen. Um die Anlandeverpflichtung effektiv zu kontrollieren und zugleich Artikel 17 gerecht zu werden, könnten Fischereifahrzeuge über 10 Metern, die, wie es im Nationalen Inspektionsprogramm festgelegt werden sollte, ein mittleres bis sehr hohes Risiko aufweisen, gegen die Anlandeverpflichtung zu verstoßen, nur dann ein Recht auf Fangmöglichkeiten erhalten, wenn sie Beobachter*innen mit an Bord führen oder mit einem elektronischen Fernüberwachungssystem inklusive Kameras ausgestattet sind. So könnte Deutschland der Dokumentation aller Fänge, wie es in der GFP gefordert wird, nachkommen. Eine Überarbeitung des SeeFischG muss daher u.a. die Schaffung von deutlich mehr Transparenz und Dokumentation von Fischereiaktivitäten umfassen. 

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Projektinformation/Naturschutz/Fischereipolitik/GFP_Fischereipolitik_Broschure_komplett_lange_Version_DE_16_12_19.pdf

Mikroplastik sind kleinste Kunststoffteilchen, wie sie z.B. in Peelings benutzt werden. Andere Kunststoffe in Kosmetika dienen beispielsweise als Binde- und Füllmittel. Über das Abwasser gelangen die Stoffe ins Meer. Aufgrund ihrer Oberflächeneigenschaften reichern sich Umweltgifte auf den Kunststoffteilchen an. Die Kunststoffe werden dann samt Schadstoffen von Meeresorganismen aufgenommen, dies führt zu Gewebeveränderungen bzw. Entzündungsreaktionen und toxikologischen Auswirkungen, bis hin zu inneren Verletzungen und Todesfällen. Ein Verbot synthetischer Polymere jeglicher Form und Größe in Kosmetika und Körperpflegeprodukten ist ein erster Schritt und sollte EU-weit beschlossen werden. In vielen Ländern ist dies bereits der Fall, darunter Großbritannien, Italien und Schweden. Nicht nur für den Meeres-, sondern auch für den Verbraucher*innenschutz ist dies eine wichtige Regulierung. Studien haben gezeigt, dass Verbraucher*innen weitgehend Mikroplastik in Pflegeprodukten ablehnen. Die Vielzahl von bereits auf dem Markt erhältlichen mikroplastikfreien Produkten, insbesondere im niedrigpreisigen Spektrum, zeigt, dass ein solches Verbot keine höheren Kosten für Verbraucher*innen schaffen würde. Neben dem Verbot von Mikroplastik in Kosmetika braucht es weitere ordnungspolitische Maßnahmen. Darunter fällt ein Verbot von Kunststoffgranulat als Einstreumaterial auf Kunstrasenplätzen, die verbindliche Einführung einer industriellen Vorwäsche mit Filtersystemen für neu hergestellte Kleidung und Vorgaben für die Reifenherstellung und einer entsprechenden Kennzeichnung der Langlebigkeit von Autoreifen zur Reduktion des Abriebs von Autoreifen.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://www.bund.net/meere/mikroplastik/

 
 

§ Verbot von synthetischen Polymeren jeglicher Größe und Formmasse in Kosmetik- und Körperpflegeprodukten

§ Bundesnaturschutzgesetz-Novellierung für eine Gleichberechtigung von Schutz und Nutzung der Meere

 

Besonders augenfällig ist die Zerrissenheit von Zuständigkeiten in der Meerespolitik bei der Kompetenzverteilung zur Regulierung der Fischerei, die Maßnahmen in Schutzgebieten erschwert sowie bei der Regulierung der Schifffahrt, die sehr sektor-denkend durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und das nachgeordnete Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) verantwortet wird. Ein Kernproblem liegt in der einseitigen Interpretation des Seerechtsübereinkommens (SRÜ) zugunsten der Nutzungsinteressen, die sich auch im §57 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) wiederfinden. Zu überlegen wäre eine BNatSchG-Novellierung, die eine stärkere Gleichberechtigung von Schutz und Nutzung der Meere verfolgt, indem die Maßgaben unter Artikel 3 für die Erklärung zu schützender Meeresgebiete neu formuliert und die Möglichkeiten der nationalen Regulierung von Nutzungen in Schutzgebieten gestärkt werden, u.a. durch eine Überprüfung der Definition und neue Interpretation des Begriffs „Verschmutzung” nach SRÜ, welche den Herausforderungen des marinen Natur- und Umweltschutzes besser gerecht wird. Eine Novellierung sollte umfassen: a) die Übernahme der Verpflichtungen des Teils XII SRÜ, mit besonderer Berücksichtigung der Art. 194, 211,.; b) die Stärkung der Benehmensregel pro Naturschutz im BNatSChG nach (1) v.a. bei der Implementierung der Managementpläne in Meeresschutzgebieten (d.h. kein de-facto Einvernehmen mit Nutzerressorts). Aktuell wird diese häufig durch eine „Verwaltungsvereinbarung“ der Bundesregierung konterkariert, die eine einvernehmliche Ressortabstimmung verlangt, was im Ergebnis zu einem schwachen Schutzniveau führt.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://www.nabu.de/news/2017/06/22663.html

https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/meere/meeresschutzgebiete/nord-und-ostsee/index.html

Die Leitvorstellung des Raumordnungsgesetzes (ROG) ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt. Der 2020 durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) veröffentlichte Entwurf eines neuen Raumordnungsplans wird dem schlechten Zustand der Nord-und Ostsee ebenso wenig gerecht wie den formalen und inhaltlichen Anforderungen der EU-Richtlinie zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumordnung (2014/89), dem ROG und Vorgaben der Europäischen Kommission zum Meeresschutz. In ihrem Bericht zur Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) 2020 stellte die EU-KOM explizit heraus, dass nationale Raumordnungspläne zur Erreichung des guten Umweltzustands der Meere beitragen müssen. Um dieser Zielstellung gerecht zu werden braucht es auch eine Novelle des ROG, die zu einer tatsächlichen parlamentarischen Beteiligung, Aufsicht und Verantwortung führt (vermutlich über § 9 und insbesondere §17). § 17 adressiert dabei die Raumordnungspläne (ROP) in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Nord- und Ostsee, hier sollte eine Priorität des Klima- und Meeresnaturschutzes verankert werden, u.a. indem der Ökosystemansatz und der Bezug zum Erreichen des guten Umweltzustands nach MSRL aufgenommen wird.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/naturschutz/meeresschutz/20201105-mro_gemeinsame_stellungnahme_ngos.pdf

 
 

§ Novelle des Raumordnungs-gesetzes

 

§ Bindung der Tonnagesteuer an die deutsche Flagge

 

Das Unterlaufen von Vorschriften des Sozial- und ­Arbeitsrechts durch ein Ausflaggen in Länder, in denen weniger strengere Vorgaben bestehen, ist ein ernstzunehmendes Problem der deutschen Schifffahrt. Die Nutzung dieser Billigflaggen führt dazu, dass die Besatzung nicht mehr zu einem bestimmten Teil aus Europa stammt und nach deutschem Heuertarif bezahlt wird. Die Sicherstellung von Anstellung ist Grundlage für den Erhalt der deutschen Fachkräfte in der Schifffahrt. Das aktuelle Schwinden von Ausbildungsmöglichkeiten und Arbeitsplätzen ist ein Problem für den Erhalt des Schifffahrtsstandorts Deutschland und die Sicherstellung einer funktionsfähigen Verkehrsinfrastruktur. Dazu brauchen die deutschen Reedereien und Seeleute Unterstützung aus der Politik, um Sofortmaßnahmen einer Förderung für die deutsche Flagge voranzubringen. Nur so kann internationale Wettbewerbsfähigkeit erreicht und weiteren Ausflaggungen, die mit Dumpinglöhnen einhergingen, entgegengewirkt werden. Ein Werkzeug kann dafür die Bindung der Tonnagesteuer an die deutsche Flagge sein. Die Tonnagesteuer ist eine 1999 eingeführte Unterstützung des Schifffahrtsstandortes Deutschland durch steuerliche Vorteile. Das Führen der deutschen Flagge ist aktuell keine Voraussetzung für die Gewinnermittlung nach der Tonnagesteuer, sondern lediglich eine Registrierung im deutschen Schiffsregister und damit ist es nur in Deutschland möglich, dass deutsche Reedereien auch die Vorteile der Tonnagesteuer für Schiffe unter den sogenannten Billigflaggen erhalten (somit erhalten derzeit, Stand Dezember 2020, 1.554 Schiffe unter fremder Flagge, dagegen nur 290 Deutsche Flagge die Vorzüge der Tonnagesteuer). Es muss erreicht werden, dass wieder mindestens vier deutsche oder europäische Seeleute auf jedem deutschen Schiff fahren, andernfalls wird Deutschland sein maritimes Knowhow verlieren.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://www.verdi.de/themen/nachrichten/++co++93d46df2-f2e6-11e3-afe3-5254008a33df

https://www.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++e70dccd8-0707-11e2-4231-0019b9e321cb