SDG 12

Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen

 

§ Ressourcenschutz-gesetz

 

Ein Ressourcenschutzgesetz muss die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigen und sowohl übergreifende als auch ressourcenspezifische Instrumente beinhalten. Effizienzsteigerung, Substitution durch nachwachsende Rohstoffe und Abfallmanagement reichen nicht aus, um den Verbrauch von Ressourcen maßgeblich zu senken. In einem ersten Schritt muss die Bundesregierung daher ein ambitioniertes und verbindliches Reduktionsziel festsetzen. Vorbild kann etwa das „Government-wide Programme for a Circular Economy” der Niederlande sein. Es setzt sich zum Ziel, den Ressourcenverbrauch bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren und den Fortschritt mit einem jährlichen Report zu überwachen. Hinsichtlich der Inanspruchnahme metallischer Primärrohstoffe müssen Reduktionsziele von 30 Prozent bis 2030, 50 Prozent bis 2040 und 70 Prozent bis 2050 im Vergleich zu 2010 festgelegt werden. Ähnliche Ziele müssen für fossile und biotische Rohstoffe gelten. Aus dem Ressourceneffizienzprogramm kann so beispielsweise ein Ressourcensuffizienzprogramm bzw. ein Ressourcenschutzprogramm werden, in welchem ein Reduktionsziel festgelegt wird, flankiert von einem umfassenden Maßnahmenprogramm zur Zielerreichnung. Dieses muss fünfjährige Zwischenziele sowie deren Überprüfung und die Veröffentlichung der Ergebnisse beinhalten. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass eine entsprechende Datenbasis und das dazugehörige Monitoring etabliert wird, um die Erfolge langfristig mit dem Indikator des globalen Stoffverbrauchs (TMC – Total Material Consumption) zu messen. Das langfristige Ziel muss sein, ein konsistentes Ressourcenschutzrecht zu schaffen, welches das Recht auf Reparatur, ein Verbot der Vernichtung neuwertiger und/oder voll funktionstüchtiger Konsumgüter und vieles weitere umfasst. Dem Querschnittscharakter des Ressourcenschutzes folgt auch, dass sich die rechtliche Regulierung nicht auf das Umweltrecht beschränken kann, sondern eine Vielzahl weiterer Rechtsgebiete erfasst. Dies erfordert neben den spezifischen Regelungsansätzen einen übergreifenden Regelungsansatz, der die allgemeinen Anforderungen des Ressourcenschutzes bündelt. Dies sollte in einem eigenen, dem Schutz der natürlichen Ressourcen gewidmeten Rechtsakt umgesetzt werden.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://www.umweltbundesamt.de/themen/abfall-ressourcen/oekonomische-rechtliche-aspekte-der/ressourcenschutzrecht

https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/20190613-greenpeace-forderungen-vernichtungsverbot-waren.pdf

https://www.government.nl/topics/circular-economy/circular-dutch-economy-by-2050

https://www.zur.nomos.de/fileadmin/zur/doc/Aufsatz_ZUR_12_10.pdf

https://www.umweltbundesamt.de/rescue

Der Einsatz von Pestiziden hat Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit. Über eine intelligente Pestizidabgabe ließen sich die damit verbundenen externen Kosten internalisieren und umweltfreundlichere Verfahren des Pflanzenschutzes fördern. Der verbreitete Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide trägt zum Verlust der biologischen Vielfalt, zur chemischen Belastung von Gewässern, Böden und Schutzgebieten bei, er verursacht Rückstände in angebauten Lebensmitteln und kann die Gesundheit von Anwender*innen, Anwohner*innenländlicher Gebiete und Konsument*innen beeinträchtigen. Den Wasserwerken entstehen hierdurch Kosten für die Aufbereitung von Trinkwasser, es entstehen Kosten für Durchführung von Rückstandskontrollen und Kosten im Sozial- und Gesundheitswesen, wenn Menschen durch Pestizide krank werden. Diese als „extern“ bezeichneten wirtschaftlichen, ökologischen und gesundheitlichen Kosten werden von der gesamten Gesellschaft getragen und schlagen sich nicht im Preis für die Pestizid-Produkte nieder. Eine im März 2021 veröffentlichte wissenschaftliche Studie hat, basierend auf Erfahrungen anderer Länder und Modellrechnungen, verschiedene Varianten von Pestizidabgaben analysiert. Demnach könnte mit einer Pestizidabgabe in Deutschland das Europäische Green-Deal Ziel erreicht werden, bis 2030 die Verwendung und das Risiko chemischer Pestizide sowie den Einsatz von Pestiziden mit höherem Risiko jeweils um 50 Prozent zu verringern. Das europäische Pestizidrecht von 2009 (vgl. RL 128/2009/EG) räumt den Mitgliedsstaaten ausdrücklich ein, wirtschaftliche Instrumente und Anreize zu etablieren, um Pestizidrisiken und die Abhängigkeit der Landwirtschaft von chemischem Pflanzenschutz zu verringern. Die über die Abgabe erwirtschafteten Gelder könnten zielgerichtet in Maßnahmen zur Minderung oder zum Ausgleich der Pestizidauswirkungen auf Mensch und Umwelt fließen und landwirtschaftliche Betriebe unterstützen, die den Weg hin zu pestizidfreien, agrarökologischen Anbauverfahren beschreiten. Durch die hochrangigen Allgemeinwohlbelange Umwelt- und Gesundheitsschutz ist eine solche lenkende Abgabe verfassungs- und europarechtlich gerechtfertigt und kann unter Beachtung der relevanten rechtlichen Anforderungen durch den Bund eingeführt werden. Die neue Bundesregierung sollte eine risikobasierte Pestizidabgabe entweder als Verkehrsteuer (als Wertabgabe) oder als Finanzierungssonderabgabe (mit einem Sonderfond) einführen.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://www.gls.de/media/PDF/Presse/Studie_Pestizid-Abgabe_in_Deutschland_2021.pdf

 

 
 

§ Einführung einer Pestizidabgabe  

 

§ Novelle Elektrogesetz

 

Die im Frühling 2021 verabschiedete Novelle des Elektrogesetzes gewährleistet keine flächendeckenden Sammelmöglichkeiten für Elektroschrott und entlässt vor allem den Onlinehandel weitestgehend aus der Verantwortung. Gleichzeitig fehlen Impulse für nachhaltigeres Produktdesign, zur Förderung der Reparatur und zur Wiederverwendung. Eine Novelle des Gesetzes muss Mindeststandards für die Austauschbarkeit von Ersatzteilen, einen Reparatur-Index, eine flächendeckende Rücknahme ausgedienter Elektrogeräte durch den stationären und den Onlinehandel, eine grundsätzliche Prüfung ausgedienter Geräte auf Wiederverwendbarkeit sowie eine Quote von 15 Prozent zur erneuten Nutzung enthalten. Kooperationen zwischen Sammelstellen und zertifizierten Wiederverwendern müssen verpflichtend werden. Jeder Händler muss unabhängig von seiner Betriebsgröße Altgeräte zurücknehmen. In der Schweiz ist dies seit Jahren ein Gesetz, ohne dass es große Probleme gibt und mit beachtlichen Sammelquoten. Zudem muss das illegale Inverkehrbringen von Elektrogeräten im Onlinehandel durch eine Haftung elektronischer Marktplätze und E-Commerce-Plattformen gestoppt sowie das Recycling klimaschädlicher Kühlgeräte mit FCKW durch die Festlegung vorbildlicher Entsorgungsstandards im Elektrogesetz verbessert werden.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/novelle-des-elektrogesetzes-deutsche-umwelthilfe-fordert-flaechendeckende-sammlung-und-mehr-wiederve/

https://www.bundestag.de/resource/blob/830004/fd9bbbf8cc33fe855f8fc0cbaf109fc3/Johanna-Sydow-Germanwatch-und-Runder-Tisch-Reparatur-e-V--data.pdf

Mit der Erweiterung der Ökodesign-Richtlinie der EU, die im März 2021 in Kraft getreten ist, sind bereits wichtige Standards zum Schutz von Ressourcen und Verbraucher*innen für erste Produktgruppen formuliert worden. Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass die weiteren geplanten Initiativen der EU-Kommission für nachhaltige Produkte im Rahmen des neuen Aktionsplans für Kreislaufwirtschaft ambitioniert und schnell umgesetzt werden und auch unabhängig von der EU-Politik nationale Maßnahmen zur Förderung der Reparatureingeführt einleiten. Insbesondere braucht es ein gesetzlich verankertes, herstellerunabhängiges, universelles Recht auf Reparatur. Das beinhaltet den Zugang zu Reparaturinformationen und Ersatzteilen zu angemessenen Preisen für alle (nicht nur für Fachleute). Verbraucher*innen müssen im Schadensfall das Recht haben, selbst zu entscheiden, ob und von wem das defekte Gerät repariert werden soll – auch im Garantie- oder Gewährleistungsfall. Anforderungen an die Ersatzteilverfügbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten, u.a. auch durch langfristige Software-Updates, die auf EU-Ebene festgelegt werden, müssen ambitioniert in deutsches Recht übertragen werden. Das kann u.a. im Kreislaufwirtschaftsgesetz, Elektroaltgerätegesetz und im Verbraucher*innenschutz erfolgen und sollte durch weitere nationale Maßnahmen ergänzt werden.

Dazu zählt beispielsweise die Aufklärung von Verbraucher*innen über die Reparierbarkeit von Produkten direkt am Verkaufspunkt über einen Reparaturindex und eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Reparaturdienstleistungen und Gebrauchtwaren.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://runder-tisch-reparatur.de/

https://www.germanwatch.org/de/15392

https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/novelle-des-elektrogesetzes-deutsche-umwelthilfe-fordert-flaechendeckende-sammlung-und-mehr-wiederve/

https://www.ressourcenwende.net/publikationen/kreislaufwirtschaftvon-der-rhetorik-zur-praxis/

https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/abfallpolitik/190906_nabu_krwg_stellungnahme_lang.pdf

 
 

§ Recht auf Reparatur

 

§ Überarbeitung des Lieferketten-gesetzes

 

Der Entwurf zum „Gesetz über unternehmerische Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ reicht nicht aus, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung entlang der Lieferkette wirkungsvoll zu verhindern. Die Bundesregierung muss Unternehmen zu umfassenden Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette verpflichten, wie es die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte vorsehen, denn die meisten Menschenrechtsverletzungen treten am Anfang globaler Lieferketten auf. Gemäß dem Regierungsentwurf müssen Unternehmen bei mittelbaren Zulieferern jedoch erst tätig werden, wenn „substantiierte Kenntnisse“ von Problemen vorliegen, also wenn Menschenrechte bereits verletzt wurden. Somit untergräbt der Entwurf den präventiven Ansatz der internationalen Menschenrechtsstandards der Vereinten Nationen und der OECD. Des Weiteren muss das Gesetz in Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit, existenzsichernde Löhne und Einkommen sowie die Transparenz von Lieferketten weiterentwickelt werden. Es muss den Zusammenhang zwischen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung anerkennen und über einen punktuellen Ansatz hinausgehen. Empfehlenswert wäre eine schadens- und umweltgutsbezogene Generalklausel. Ein umfassendes Lieferkettengesetz muss die Möglichkeiten der Betroffenen, ihre Rechte und Entschädigungsansprüche vor Gericht einzufordern, deutlich verbessern. Die vorgesehene Neuerung einer Prozessstandschaft ist zwar begrüßenswert, reicht aber bei weitem nicht aus. Das Gesetz muss die Grundlage für eine zivilrechtliche Haftung schaffen, wenn ein vorhersehbarer und vermeidbarer Schaden eingetreten ist, wie es z. B. auch das französische Sorgfaltspflichtengesetz „Loi de vigilance“ und die Ankündigungen von EU-Justizkommissar Reynders vom April 2020 für eine geplante EU-Regulierung vorsehen. Es muss Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen im Ausland die Möglichkeit geben, von Unternehmen vor deutschen Gerichten Schadensersatz einzuklagen, wenn sie keine angemessenen Sorgfaltsmaßnahmen ergriffen haben. Zudem muss der Geltungsbereich des Gesetzes erweitert werden. Insbesondere bei Unternehmen aus Sektoren mit großen Menschenrechtsrisiken - etwa der Textilbranche, der Landwirtschaft, der Auto- oder Chemieindustrie – muss das Gesetz auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ins Auge fassen. Um einen effektiven Schutz von Menschen und Umwelt in den globalen Wertschöpfungsketten zu erreichen, darf die Bundesregierung nicht das jetzt beschlossene deutsche Lieferkettengesetz zum Vorbild für eine europäische Regelung machen, sondern muss sich in der EU für umfassende Sorgfaltspflichten und Haftungsregeln gemäß den oben beschriebenen Kriterien einsetzen. Die Bundesregierung muss sich des Weiteren im Rahmen der Verhandlungen des UN Binding Treaty on Business and Human Rights auch auf internationaler Ebene für die umfassende Verankerung von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten, zivilrechtliche Haftung von Unternehmen und Verbesserungen beim Rechtszugang einsetzen.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://lieferkettengesetz.de/forderungen/

https://www.inkota.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-2021/pm-entwurf-fuer-lieferkettengesetz-untauglich-um-menschenrechtsverletzungen-und-umweltzerstoerung-im-bergbau-wirksam-zu-bekaempfen/

 Das geht auch auf Bundesebene

Das Vorbild des französischen Anti-Abfallgesetzes für eine Kreislaufwirtschaft zeigt, dass auch unabhängig von der europäischen Ebene nationale Gesetzgebung zum Recht auf Reparatur verabschiedet werden kann. Frankreich hat im Rahmen seines 2018 verabschiedeten Fahrplans zur Kreislaufwirtschaft ein breites Maßnahmenbündel vorgestellt. Darunter ist der Reparatur-Index, welcher Verbraucher*innen durch ein einfaches Label Auskunft über die Reparierbarkeit eines Geräts gibt. Die neue Kennzeichnungspflicht ist im Januar 2021 für fünf Produktgruppen in Kraft getreten. Der Index ermöglicht Käufer*innen eine einfache und schnelle Einschätzung über die Reparierbarkeit von Elektronikgeräten und trägt somit zu einer informierten Kaufentscheidung bei.

Zum Weiterlesen und Weiterdiskutieren:

https://runder-tisch-reparatur.de/reparaturindex/

 

§ Französisches Anti-Abfallgesetz für eine Kreislaufwirtschaft